Hessische Trainer und ihre erfolgreiche Arbeit #2 Bernd Knack und Svenja Sbrzesny

  14.04.2020    U16 - erfolgreiche hessische Nachwuchsathleten Neue Inhalte Leistungssport
In einer neuen Serie möchten wir hessische Trainer zu Wort kommen lassen und ihre Methodiken und Philosophien vorstellen. Dies soll Einblicke in die Arbeit der vielen Trainer im Land geben und gerne auch zu weiteren Diskussionen auf dem Platz anregen. Wir wünschen uns für diese Reihe eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten und eine Diskussion auf Augenhöhe. Alle vorgestellten Wege werden individuelle Lösungen sein und es versteht sich, dass eine 1:1 Kopie der Inhalte nicht sinnvoll ist. Vielmehr sollten die Kernelemente der Methodik deutlich werden und ggf. Teile in die eigene Arbeit mit übernommen werden. Im zweiten Teil berichtet Bernd Knack (LG Eintracht Frankfurt) vom Training mit Svenja Sbrzesny. Die Athletin hat im vergangenen Jahr eine gute Entwicklung genommen. Im Folgenden wird das Training genauer dargestellt.

 

Sprint-/ Hürdenausbildung im Schülertraining der LG Eintracht Frankfurt am Beispiel von Svenja Sbrzesny (Jg. 2005)

Liebe Leichtathletikfreunde,

mein Name ist Bernd Knack (29 Jahre) und ich bin seit nunmehr knapp sieben Jahren Trainer im U16-Bereich der LG Eintracht Frankfurt. Die Trainerlaufbahn habe ich eingeschlagen, nachdem ich meine eigene (Sprint-)Karriere aufgrund von zahlreichen Verletzungen beendet habe, aber der Leichtathletik trotzdem gerne verbunden bleiben wollte.

Meine Trainingsphilosophie zeichnet sich in erster Linie durch eine enge und fast schon freundschaftliche Verbindung zu meinen AthletenInnen aus. Gerade im Schülerbereich und dementsprechend der puberalen Phase ist es -aus meiner Sicht- immens wichtig, dass die Kinder Vertrauen zu mir als Trainer haben, gerne ins Training kommen und Spaß an der Bewegung haben. Sind diese Kriterien erfüllt, kommen die Leistungen und die Weiterentwicklung (fast) von ganz alleine.

Durch die Leitlinien im DLV-Rahmentrainingsplan möchte ich meinen Athleten eine möglichst breitgefächerte Bewegungsausbildung ermöglichen. Dies bewerkstellige ich auch und unter anderem dadurch, dass ich nicht nur die klassischen, leichtathletischen Kerndisziplinen trainieren lasse, sondern immer wieder Aspekte anderer Sportarten in mein Training miteinfließen lasse. Sei es Fußball als Aufwärmspiel, Basketball, Ultimate-Frisbee oder andere Teamspiele, wie z.B. 10-er Ball, die die unterschiedlichsten Bewegungsmuster und verschiedenste koordinative Fähigkeiten beanspruchen.

Darüber hinaus sehe ich mich nicht als fertigen oder kompletten Trainer, sondern bin immer daran interessiert mich selbst weiterzubilden. Dabei hilft mir vor allem unser tolles Trainerteam im Verein. Bei Fragen oder Problemen kann ich mich jederzeit an die entsprechenden Personen wenden. Dadurch, dass ich bei uns im Verein vor allem für den Mehrkampf zuständig bin, suche ich mir auch immer wieder Unterstützung von den entsprechenden Disziplintrainern. Hierbei sind vor allem Friedrich Schneider für den Bereich Wurf, Günter Eisinger im Hochsprung oder Ann-Kristin Müller für den Stabhochsprung zu nennen. Bei mir laufen dann alle Fäden zusammen und ich koordiniere die Gestaltung des Wochenplans.

Am Beispiel von Svenja Sbrzesny (W15, Jg. 2005) möchte ich nun kurz meine konkrete Trainingsphilosophie erläutern. Svenja wechselte Ende 2018 in meine Trainingsgruppe. Damals lagen ihre Stärken insbesondere im Laufbereich. Meine Intention liegt insbesondere in einer guten Ausbildung der Grundschnelligkeit und der Sprungkraft, die meines Erachtens die Basis für fast alle Kerndisziplinen und eben auch den Mehrkampf sind. Deshalb legten wir seither großen Wert auf diese Aspekte, was sich auch deutlich an Svenjas Leistungsentwicklung in den jeweiligen Disziplinen zeigt (100m 2018: 14,26s, 2019: 13,37s; Weitsprung: 2018: 4,45m, 2019: 5,21m; 60m Hürden 2019 10,07s, 2020: 9,18s).

Innerhalb dieser Zeit entwickelte Svenja zudem ihre Leidenschaft für das Hürdenlaufen, welches vor ihrem Wechsel zu mir nicht unbedingt zu ihren Lieblingsdisziplinen zählte. Generell ist mir bei der Vermittlung von Technikinhalten wichtig, dass die AthletenInnen verstehen, was ich konkret von ihnen umgesetzt haben möchte und warum. Deshalb analysieren wir gemeinsam -beispielsweise in einer Technikeinheit Hürden- jeden Lauf. Hierbei geht meine erste Frage grundsätzlich direkt an Svenja, wie sie den Lauf persönlich empfunden hat. Auf diese Art und Weise versuche ich Schritt für Schritt, dass die Kinder ein Gefühl für die richtige Technik und die eigene Körperwahrnehmung entwickeln. Dies funktioniert mit Svenja überwiegend sehr gut, wenngleich sie häufig sehr kritisch mit sich selbst und der eigenen Leistung ist. Dennoch sind dieses perfektionistische Denken und der ständige Wille und die Bereitschaft zur Verbesserung Eigenschaften, die ich sehr an Svenja schätze. Prinzipiell liegt meine Hauptarbeit eher darin Svenja zu bremsen und für einen kühlen Kopf zu sorgen.

Abschließend möchte ich noch eine exemplarische Wochentrainingsplanung von Svenja vorstellen, die so konkret aus dem Dezember 2019 stammt. Hierfür wichtig zu erwähnen sind die (damaligen) Zielsetzungen und generellen Schwerpunkte für die Sommersaison 2020. 1.) Top-5 Platzierung bei den Deutschen Blockmeisterschaften (Block Lauf), 2.) Endkampfplatzierung bei den Deutschen U16-Meisterschaften (80m Hürden). 3.) Qualifikation für selbige Meisterschaft (Weitsprung). 4.) Ausprobieren des Langsprints (300m) und der Langhürde (300m).

Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang die Arbeit von Ralf Schröder und HLV-Kader-Trainer Benjamin Stalf, die Svenjas Lauftrainer sind und die Grundlagen für die 2000m im Block legen.

 

 

 

Montag

(Ffm- Hahnstraße)

Mit Ralf Schröder

Schwerpunkt: Kraft & Schnelligkeitsausdauer

-Aufwärmen

- 2x Kraftzirkel

- Abläufe: 30m, 40m, 75m

- 10-12x 200m (40-41s), Pause: 50 Sekunden

- Auslaufen, Stretching

Mittwoch

(Ort: Ffm- Kalbach)

 

Schwerpunkt: Frequentives Sprinten zw. d. Hürden & Ball

- Einlaufen & Stretching

- ca. 15 Minuten klassische Hürdenkoordinationsübungen

- 6-8x 4 Hürden (mit Spikes) mit höchstmöglicher Frequenz zwischen den Hürden, Abstand ca. 7m; Pause: 5´-6´

- ca. 20-25 Technikwürfe mit dem Schlagball (aus dem Stand, 3-er – und 5-er Rhythmus)

- Auslaufen

Donnerstag

(Ffm-Kalbach)

 

Schwerpunkt: Kraft& Tempowechselläufe (In´s und Out´s)

-Einlaufen & Stretching

- Allgemeine Sprünge

- Tempowechselläufe (50m Abschnitte): 150m, 150m, 250m, 250m, 250m, 150m; Pause 150m.: 6 Minuten, Pause 250m: 8 Minuten

Samstag

(Ort: Ffm- Kalbach)

 

Schwerpunkt: Schnelligkeit & Weitsprungtechnik

- Einlaufen & Stretching

- ca. 15-20 Minuten allgemeine Stabilisationsübungen

- weitsprungspezifische Koordination

- 5-6x Weitsprunganlauf (lang, ca. 30m) mit angedeutetem Take-Off (P:5-6´)

- 10-12x Techniksprünge mit Absprunghilfe aus 6 Schritten

- Auslaufen& Stretching

Sonntag

(Eigenregie)

 

Schwerpunkt: Grundlagenausdauer

60 Minuten Dauerlauf

Gymnastik

 

Kommentar von Robert Schieferer - Cheftrainer Sprint/Hürden

Das Training von Svenja weist einige sehr interessante Aspekte auf:

Nach Aussage Ihres Trainers Bernd Knack standen die Laufdisziplinen im Vordergrund von Svenjas Training, bevor sie zu ihm wechselte.

Bernd Knack hat es also geschafft, eine Nachwuchsathletin, die über gute Ausdauerfähigkeiten verfügt, aber bislang wenig an der Schnelligkeit gearbeitet hatte, in der Grundschnelligkeit sehr deutlich zu verbessern und hier ein hohes Niveau zu entwickeln.

Mit diesem verbesserten Schnelligkeitsniveau hat Svenja künftig natürlich weitaus größere Perspektiven, sich im Bereich der Mittelstrecken oder auch im Bereich Langsprint/Langhürden national zu etablieren.

Der trainingsmethodische Ansatz von Bernd ist für die letzte Phase des Grundlagentrainings bzw. den allmählichen Übergang ins Aufbautraining optimal, da sein Training mehrkampforientiert, teils sogar sportartübergreifend und altersgerecht konzipiert wird.

Neben der extremen Verbesserung über 60-Meter-Hürden um fast eine Sekunden konnte Svenja auch einen guten Einstand über 300 Meter in der Hallensaison 2020 realisieren.

Somit liegt es für sie nahe, künftig auch über 300 Meter und 300-Meter-Hürden Wettkampferfahrung zu sammeln.

Für diese komplexen Disziplinen bringt Svenja nicht nur wegen ihrer guten Hürdentechnik und der Steigerung in den Schnelligkeitsleistungen beste Voraussetzungen mit; sie realisiert einen sehr entspannten Sprintschritt, wie er für gute Langsprint-Leistungen unverzichtbare Voraussetzung ist.

 



Bernd Knack

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erstellt von ps